Schätze aus dem Archiv 6

Heinz Beinefeld. Zeichnungen aus dem Nachlass
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Henschelstraße 18, 60314 Frankfurt/Main Map
Hours
Tue, Thu–Sun 11 am–6 pm, Wed 11 am–8 pm

Die sechste Präsentation in der Reihe „Schätze aus dem Archiv“ ist dem Architekten Heinz Bienefeld (1926-1995) gewidmet. 1999, schon wenige Jahre nach seinem Tod, hatte das Deutsche Architekturmuseum diesen wichtigen Vertreter der bundesdeutschen Nachkriegsarchitektur mit einer großen monographischen Ausstellung geehrt. Nun, mehr als 15 Jahre später, konnte Bienefelds Werkarchiv dank der Unterstützung der Hessischen Kulturstiftung und der Kulturstiftung der Länder von der Familie für die Sammlung des Hauses erworben werden. Neben den Nachlässen der Bienefeld-Lehrer Dominikus Böhm und Emil Steffan sowie dem Archiv Gottfried Böhms bilden die Arbeiten des gebürtigen Krefelders Teil einer Archiv-Gruppe im DAM, die exemplarisch die Entwicklung der westdeutschen Architektur der 1950er bis in die frühen 1990er Jahre veranschaulicht.

Bienefelds über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahrzehnten entstandenes Werk umfasst wenig mehr als drei Dutzend private Wohnhäuser, mehrere Kirchen und einen Kindergarten sowie etliche Umbauten, die meisten davon im Rheinland. Zum Werkarchiv zählen 52 Modelle und rund 15.000 Dokumente. Die Ausstellung zeigt eine kleine Auswahl und präsentiert die sehr eigenen Handskizzen und Zeichnungen, die den Arbeitsprozess und die intensive Auseinandersetzung selbst mit kleinsten Details eindrucksvoll veranschaulichen.

Der aus Krefeld stammende Heinz Bienefeld war ein Schüler des Kirchenbaumeisters Dominikus Böhm und später Mitarbeiter bei dessen Sohn Gottfried Böhm und bei Emil Steffann. Zunächst von Mies van der Rohe begeistert, entfernte sich Bienefeld Ende der 1950er Jahre von der Moderne seiner Zeit und widmete sich in Studien und Reisen der römischen Architektur. Sein palladianisches Haus Wilhelm Nagel in Wesseling (1967) kann als ein erster Bau der Postmoderne aufgefasst werden. Als diese um 1980 zum geschwätzigen Alltagsstil geworden war, hatte Bienefeld sich von ihr längst wieder gelöst. Seine Bauten teilen etwas mit – über Form und Stoff, über Oberflächen und Tektonik, über das Zusammenfügen der Teile und den Zusammenhang mit dem Ganzen. Einige Gebäude, wie die Kirche St. Willibrord in Mandern-Waldweiler (1968), lassen sich als Metaphern einer Stadt deuten. Mit innen liegendem Atrium sind Haus Heinze-Manke (1984) in Köln oder Haus Kühnen in Kevelaer (1988) verblüffende Versuche der Wiederbelebung eines antiken Raumtypus. 

Bienefelds Beharren, dass jedes seiner Gebäude ein „Gesamtkunstwerk“ zu sein hatte, zeigt sich auch in der handwerklichen Qualität, die er einforderte. Wie kaum ein anderer Architekt verkörperte er den Widerstand gegen die Kultur der Baumärkte. Wie die Werkbundarchitekten vor 1914 entwarf er möglichst viele Einzelheiten selbst, die dann von Handwerkern in kleinsten Serien hergestellt wurden. Selbst Umbauprojekte, wie etwa das Haus Helpap in Bonn (1987), ursprünglich ein wenig auffallendes Durchschnittshaus der 1960er Jahre, erfahren diese Durchgestaltung bis hin zu den Details.

Es hatte gedauert, bis Bienefeld als Baukünstler anerkannt wurde. Als der Bund Deutscher Architekten 1995 erwog, ihm den Großen BDA-Preis zu verleihen, war der zu Ehrende kurz zuvor verstorben. Dieses höchste Prädikat des Verbandes hatten vor ihm u. a. Hans Scharoun, Mies van der Rohe, Frei Otto und Oswald Matthias Ungers erhalten. Heinz Bienefeld wurde, abweichend von der Regel, posthum ausgezeichnet.