MIES 1:1
MIES 1:1 – DAS MODELL
Vor über 80 Jahren entwarf der Architekt Ludwig Mies van der Rohe im Rahmen eines Wettbewerbes ein Clubhaus für den neu gegründeten Golfclub in Krefeld. Es wurde auf Grund der Weltwirtschaftskrise nie gebaut. In diesem Jahr, 2013, wird dieser Entwurf von Mies unter der künstlerischen Leitung des belgischen Architekturbüros Robbrecht en Daem am ursprünglich vorgesehenen Standort am Krefelder Stadtrand verwirklicht: nach den Originalplänen als begehbares Architekturmodell im Maßstab 1:1. So entsteht eine Architekturausstellung der besonderen Art. Grundgedanken des Bauens von Mies van der Rohe werden sichtbar und erlebbar sein. Mies’ besonderes Verständnis von Raum als offenem Spannungsgefüge, seine kunstvolle Verbindung von Architektur und Natur werden für den Besucher erfahrbar. Das Projekt MIES 1:1 ist eine Inszenierung von Architektur, für einen Sommer lang ein Ort zum Denken und zum Arbeiten.
MIES 1:1 – EIN ORT ZUM DENKEN
Während der Dauer der Ausstellung werden im 1:1-Modell Symposien stattfinden, die der Baukultur und der Wirkung und Funktion von Architektur gewidmet sind. Unter der Überschrift „Touching Mies“ sind am 2. Juni 2013 Architekten, Künstler und Kuratoren eingeladen, über den konzeptionellen Hintergrund ihrer Auseinandersetzung mit Werken Mies van der Rohes zu berichten. Einzelne Werke Mies van der Rohes und die an ihnen vorgenommenen Erweiterungen, Rekonstruktionen, Sanierungen und künstlerischen Interventionen dienen als Beispiele für die künstlerischen, gesellschaftlichen und politischen Strategien im Umgang mit Baudenkmalen.
Das Symposium „Erinnerung und Identität“ behandelt am 14. Juli 2013 die besondere Rolle des Baudenkmals und der Architektur als Erinnerungsspeicher. Es soll erörtert werden, welche Bedeutung Erinnerung für die Entstehung von gesellschaftlicher, urbaner und kultureller Identität in der Gegenwart hat.
Das Symposium „Das Modell“ am 15. September 2013 reflektiert die Ausstellungsform von MIES 1:1 selbst als Visualisierungstechnik und künstlerische Strategie. Diese drei Symposien, zu denen renommierte Referenten aus Kunst, Architektur und Wissenschaft zugesagt haben, veranstaltet Projekt MIK e. V. in Kooperation mit dem Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München.
MIES 1:1 – EIN ORT ZUM ARBEITEN
Recycling Mies
Das 1:1-Modell ist ein temporärer Bau. Nach dem Ende der Ausstellung im November 2013 wird das auf einer Fläche von rund 80 mal 80 Metern errichtete Modell wieder vollständig abgebaut und in seine Bestandteile zerlegt. Studierende der Fächer Architektur und Design von der Hochschule Niederrhein und der RWTH Aachen planen parallel zur Ausstellung in dem Workshop „Recycling Mies“ Pavillons, die das Baumaterial in neue dauerhafte Bauten überführen.
(Bau)Kultur lokal
Der Workshop „(Bau)Kultur lokal“ ist ein interdisziplinärer Kreis von Fachleuten. Ausgehend von MIES 1:1 untersucht er die aktuelle (bau-)kulturelle Situation der Stadt Krefeld und ihre strukturellen Hintergründe kritisch und stellt sie zur Diskussion.
MIES 1:1 – EIN SCHEINDENKMAL
Der 1930 gegründete Golfclub in Krefeld hatte zwar auf dem Egelsberg am nördlichen Rand der Stadt ein Gelände für einen Golfplatz gefunden. Es fehlte dort aber ein Clubhaus. Für den Entwurf eines solchen Clubhauses veranstaltete der Verein im Sommer 1930 einen Wettbewerb, zu dem der Berliner Architekt Mies van der Rohe, damals Direktor des Bauhauses und Vizepräsident des Deutschen Werkbundes, und der Krefelder Architekt August Biebricher eingeladen wurden. Es scheint, dass die beiden Hauptinitiatoren des Clubs, Hermann Lange und Rudolf Oetker, jeweils ihre Lieblingsarchitekten um Entwürfe gebeten hatten: Hermann Lange hatte mit Mies bereits ein Wohnhaus vollendet, Oetker im selben Jahre eines von August Biebricher. Mies entwarf ein großzügiges, eingeschossiges Clubhaus, das wie ein Stern auf der Kuppe des Egelsberges liegen sollte. Große Panoramafenster hätten eine wunderbare Aussicht von der leichten Anhöhe in die Kulturlandschaft ermöglicht. Mies arbeitete die Planung bis zum Maßstab 1:200 aus. Außerdem fertigte er Perspektiven an. Pläne und Perspektiven sind vollständig im Mies-van-der-Rohe-Archiv im Museum of Modern Art, New York, erhalten. Wegen der Weltwirtschaftskrise gelang es den Golfclub- Gründern schließlich nicht, die veranschlagte Bausumme von 150.000 Reichsmark aufzubringen. Mies erhielt sein Honorar von 500 Reichsmark, aber der Bau wurde nicht verwirklicht. Die Pläne zeigen, dass der Golfclub eines der spektakulärsten Werke Mies van der Rohes geworden wäre. Das Haus wäre heute nicht nur eines der hervorragenden Beispiele der „Weißen Moderne“, sondern auch ein Beispiel für die reife, souveräne Formensprache Mies van der Rohes. Nach dem Barcelona-Pavillon und Haus Tugendhat in Brünn hatte er sein architektonisches Vokabular vollständig entwickelt.
MIES 1:1 – EINE INSZENIERUNG VON ARCHITEKTUR
Das belgische Architekturbüro Robbrecht en Daem architecten, Gent ist mit der künstlerischen Planung des 1:1-Modells beauftragt. Sein Entwurf dafür basiert auf den gezeichneten Plänen und Perspektiven von Mies, die im Nachlass des großen Architekten im Museum of Modern Art, New York, aufbewahrt werden. Das Raster des Stahlskeletts, die Proportionen der Wände und die Komposition der Volumina entsprechen exakt den Vorgaben von Mies. Trotzdem stellt die Umsetzung als 1:1-Modell keine abbildhafte Annäherung an die Mies’sche Planung dar, sondern ist als Inszenierung der zentralen architektonischen Themen des Architekten zu verstehen. Alle nicht tragenden Wände sind aus Holz gebaut, auf Details wird vollständig verzichtet, die Nebenbereiche bleiben skizzenhaft. Nur die Stützen mit kreuzförmigem Grundriss sind als Zitat der Materialästhetik Mies van der Rohes detailliert ausgebildet. Das Architekturbüro Robbrecht en Daem, gegründet 1975 von Paul Robbrecht und seiner Ehefrau Hilde Daem, erhielt für seine Arbeiten in den letzten Jahren zahlreiche Auszeichnungen. 2012 wurde es von David Chipperfield zur Architekturbiennale in Venedig eingeladen. 2013 gehörten Robbrecht en Daem gemeinsam mit Marie-José Van Hee architecten zu den fünf Finalisten des „Mies van der Rohe European Architecture Award 2013“, des wichtigsten europäischen Architekturpreises.
Die Projektsteuerung betreuten die Büros DGM Architekten, Krefeld, und Architekturbüro Ruhnau, Issum.
ANFAHRT
MIES 1:1 liegt im Landschaftsschutzgebiet. Vor Ort gibt es WCs, aber keine Gastronomie. Die Anfahrt ist bis zu den folgenden Parkplätzen und Bushaltestellen möglich. Die Fußwege von ca. 800 Metern sind ausgeschildert (s. Karte oben rechts unter „Download“).
ES IST NICHT ERLAUBT, IN DER UMGEBUNG DES 1:1-MODELLS IM LANDSCHAFTSSCHUTZGEBIET ZU PARKEN, WEDER AUF DEN FELDWEGEN NOCH AUF DEN RANDSTREIFEN (70 – 100 EUR). BITTE RESPEKTIEREN SIE DIE NATUR UND PARKEN SIE AUF DEN ANGEGEBENEN PARKPLÄTZEN.