Expressionismus und Neue Sachlichkeit
Die Ausstellung präsentiert in Bildern, Plänen und Zeitdokumenten die Geschichte des Hauses Buchthal in Berlin-Westend. Das Haus in der Lindenallee 22 aus den Jahren 1922/23 war in seiner Urform eine der wenigen Villenarchitekturen des Expressionismus in Berlin.
Niemand geringeres als die Brüder Hans und Wassili Luckhardt – später berühmt geworden durch die weißen Häuser am Rupenhorn – zeichneten gemeinsam mit dem Architekten Franz Hoffmann für dieses gebaute Manifest der Avantgarde verantwortlich. Und sie zogen alle Register: kantige, kristalline Räume, starke, kontrastreiche Farben, Ausstattung durch expressionistische Künstler wie Oswald Herzog und Moriz Melzer, schließlich ein Garten, wie ihn Berlin noch nicht gesehen hatte. Blumenrabatten zeigten wie Pfeile auf das Haus, der Rasen wurde im Grundriss eines Ahornblattes gesät. Auftraggeber und Bewohner war das kunstsinnige jüdische Ehepaar Eugen und Thea Buchthal. An den Wänden hing ihre Kunstsammlung mit Werken von Lyonel Feininger, Wassily Kandinsky, Emil Nolde und vielen anderen. Doch bereits nach wenigen Jahren war die Familie mit ihren drei Kindern des Wohnens in einem Kunstwerk überdrüssig. Es folgte der erste, durchgreifende Umbau durch den Loos-Schüler Ernst Ludwig Freud (Sohn des Begründers der Psychoanalyse), der das Haus 1929 im Stil der Neuen Sachlichkeit von allen Ecken und Kanten befreite. Von der Geschichte des Hauses nicht zu trennen ist das Schicksal der Familie Buchthal, die nach 1933 aus Deutschland emigrieren und Villa und Kunstsammlung verkaufen mussten. Weitere bauliche Veränderungen nahm nach 1945 der nunmehrige Eigentümer, der Opernsänger Dietrich Fischer-Dieskau, vor. Entdeckt wurde die Geschichte des Hauses durch einen Zufall. 2015 wurde Ursula Seeba-Hannan (Lenzwerk Holding GmbH) mit dem Umbau des renovierungsbedürftigen Hauses beauftragt. Die folgenden Recherchen führten tief in Archive in Berlin und London. Behutsam wurden die Zeitschichten des Hauses freigelegt. Die daraus gewonnenen vielfältigen Erkenntnisse flossen in das Sanierungskonzept ein. Auf Initiative der Lenzwerk Holding und mit Unterstützung aller Geschäftspartner gelang es, aus Erinnerungsscherben ein schillerndes Mosaik zusammenzusetzen, das die Bedeutung dieses außergewöhnlichen Hauses und seiner früheren Bewohner zu verdeutlichen vermag.
Die Ausstellung zeigt nicht nur die faszinierende Geschichte des Hauses und seine komplexe Baugeschichte. Sie schildert auch die Bewohner und ihre Gäste in den verschiedenen Epochen. Mit historischen Fotos und Plänen sowie Aufnahmen des aktuellen Sanierungsprozesses demonstriert sie zudem auf eindrückliche Weise den beispielhaften Umgang mit einem bedeutenden Baudenkmal, das in seiner Urform eine faszinierende Ikone expressionistischer Architektur gewesen ist.
Zur Eröffnung sprechen:
Dr. h.c. Kristin Feireiss, Aedes Berlin
Dr. Hans Georg Hiller von Gaertringen, Kunsthistoriker
Ursula Seeba-Hannan, Geschäftsführende Gesellschafterin Lenzwerk Holding GmbH
Constanze Kleiner, Kuratorin