New Moscow – Новая Москва
Eine neue Reihe internationaler Architekturwettbewerbe kennzeichnet derzeit einen deutlichen Wandel in der Stadtplanungsstrategie Moskaus. Initiator dieser Entwicklung ist der seit Mitte 2012 amtierende Chefarchitekt der russischen Hauptstadt Sergey Kuznetsov, der zusammen mit seinem Team für frischen Wind in der Moskauer Stadtentwicklung sorgt. Die Ausstellung New Moscow – Новая Москва zeigt anhand von zwei internationalen Wettbewerben – aus den Bereichen Landschaftsplanung (1. Preis Diller Scofidio + Renfro, New York) und Kulturbauten (1. Preis Heneghan Peng, Dublin) – beispielhaft, welchen großen Gewinn die Stadtplanung aus dieser weltweiten Öffnung zieht.
In Kuznetsovs erstem Amtsjahr lobte die Stadt nicht weniger als zwanzig internationale Wettbewerbe für neue Planungen auf den Gebieten Architektur, Städtebau, Infrastruktur und Verkehrsplanung aus. Dreißig weitere Wettbewerbsausschreibungen werden folgen. Aus den Beiträgen der Wettbewerbe soll Vielfalt geschöpft, sowie Qualität und Innovation gefördert werden. Das international ausgewählte Teilnehmerfeld ermöglicht eine neue Austauschkultur, die in Workshops und strategischer Zusammenarbeit den Wissens- und Ideenzuwachs fördert. Ein weiteres wesentliches Mittel der neuen Baupolitik ist die transparente Steuerung und erstmalig die Beteiligung der Stadtbevölkerung in öffentlichen Auslegungen und Debatten.
Beide in der Ausstellung gezeigten Wettbewerbe belegen das große Potenzial für Entwicklung und Innovation Moskaus, um den zunehmenden Bedarf der Stadtbewohner an Kultur- und Freizeiteinrichtungen zu gewährleisten. Ein weiteres wichtiges Themenfeld behandelt zudem die Erweiterung der Verkehrsinfrastruktur der wachsenden Stadt. Damit wird ein radikaler Wandel in der Baupolitik der russischen Hauptstadt eingeleitet.
ZARYADYE
Der erste in der Ausstellung gezeigte Wettbewerb ist der Park „Zaryadye“. Das Entwurfsgebiet für die Neuplanung des Zaryadye-Parks liegt am Ufer der Moskva unmittelbar östlich des Kreml und des Roten Platzes. Es umfasst eine Fläche von rund 53.000 m², zwischen der zweispurigen Ulitsa Varvarka auf städtischer Seite und der sechsspurigen Moskvoretskaya Naberezhnaya am Flussufer mit einem Gefälle von bis zu 20 Metern. Die Geschichte des Wettbewerbsgebietes ist eng verbunden mit der Stadtgeschichte Moskaus, denn Zaryadye bestand als Siedlung innerhalb der Stadtfestung Kitai-Gorod etwa seit dem 12. Jahrhundert. Einige Relikte aus früheren Jahrhunderten sind auf dem Gelände bis heute erhalten, so unter anderem der Englische Hof aus dem 16. Jahrhundert und die Snamenski-Kirche sowie das ehemalige Haus der Bojaren-Familie der Romanows, des letzten russischen Zarengeschlechts aus dem 17. Jahrhundert.
Der zweistufige Wettbewerb für den Entwurf eines öffentlichen Parks an dieser Stelle sieht die Errichtung eines Ortes mit nationaler Bedeutung vor. Über 50 Jahre lag die Planung neuer Grünanlagen brach, so dass dem Vorschlag städtebaulich große Bedeutung beigemessen wird. Sein Charakter als Open-Air-Museum, innerstädtisches Erholungsgebiet und Sehenswürdigkeit von internationalem Rang wurde bereits in der Ausschreibung festgelegt. Nach der Vorauswahl von sechs Projekten der Entwurfsteams MVRDV mit Atrium, Anouk Vogel und Arcadis (NL, RUS, CH, USA), Diller Scofidio + Renfro mit Hargreaves Associates und Citymakers LLC (USA, USA, RUS), Gustafson Porter mit
Sauerbruch Hutton und ARUP (UK, GER RUS), TPO Reserve mit Maxwan, Buro Happold und Latz + Partner (RUS, NL, UK, GER), Turenscape mit AnOtherArchitect (China, GER) und West 8 mit Bernaskoni und Buro Happold (NL, RUS, UK) aus einem internationalen Bewerberpool von 90 Büros, wurde der Entwurf unter Leitung von Diller Scofidio + Renfro Ende 2013 mit dem 1. Preis ausgezeichnet.
NCCA
Der zweite Beitrag in der Ausstellung ist der Wettbewerb für die Neuplanung des Staatlichen Zentrums für Zeitgenössische Kunst (NCCA). Das NCCA wurde 1994 vom russischen Kulturministerium als erstes staatliches Museum für zeitgenössische Kunst in Moskau gegründet. Die junge Einrichtung wuchs schnell zu einer festen Größe im russischen Kulturbetrieb heran und bekam regionale Niederlassungen in Sankt Petersburg und sechs weiteren russischen Städten. Nach einer Gründungsphase von rund sieben Jahren bezog das Museum die Gebäude einer ehemaligen Leuchtenfabrik im Stadtzentrum, dessen Haupthaus mit einer konstruktivistischen Überformung an die neue Nutzung als Ausstellungshalle, Begegnungsstätte und Wissenschaftszentrum angepasst wurde. Doch die Flächen wurden schnell zu klein, so dass im Zuge der städtebaulichen Neuausrichtung ein Neubau mit 28.300 m², auf dem Chodynkafeld, dem heute teils umgenutzten und überbebauten Gelände des ersten Moskauer Passagierflughafens nordwestlich des Moskauer Stadtzentrums errichtet werden soll.
Grundlage für die Neuplanung des NCCA bildete im Sommer 2012 ein offenes internationales Wettbewerbsverfahren mit rund 900 Beiträgen, darunter Entwürfe der Büros von Zaha Hadid/Großbritannien, Shigeru Ban, Kengo Kuma/Japan und OMA/Niederlande. Für die zweite Stufe qualifizierten sich zehn Büros aus Chile, Russland, Italien, Spanien, den USA, China und Belgien. Als Sieger gingen Heneghan Peng aus Dublin mit einem unkonventionellen Entwurf in Form eines Stapels aus dreizehn rechteckigen Ebenen hervor, dessen ikonografischer Charakter weit über die benachbarten Quartiere hinaus wirken wird.
Zur Eröffnung sprechen:
Dr. h.c. Kristin Feireiss, Aedes Berlin
Sergey Kuznetsov, Chief Architect of Moscow, Committee for Architecture and Urban Development in Moscow