Huts, Temples, Castles

Ursula Schulz-Dornburg
Adresse
Christinenstrasse 18-19, 10119 Berlin Map
Öffnungszeiten
Di-Fr 11–18.30 Uhr, So-Mo 13–17.00 Uhr

1969 reiste die Fotografin Ursula Schulz-Dornburg nach Amsterdam, um in Jongensland, einem Abenteuergelände auf einer Nachkriegsbrache, die Freiheit, Kreativität und Unabhängigkeit der Kinder und Jugendlichen zu dokumentieren, die dort ihre Nachmittage nach der Schule verbrachten. Die wunderbaren und inspirierenden Bilder zeigen, wie wichtig ein realer Aktionsraum ist um durch Gruppendynamik und das Abschätzen von Risiken zu lernen, in einer Gemeinschaft zu agieren und Verantwortung füreinander zu übernehmen. Aedes zeigt erstmals 80 Fotografien, die kürzlich in einem bei Mack Books, London erschienen Buch zusammengestellt wurden. Durch die rahmenlose Montage der Bilder direkt an der Wand, möchte die Künstlerin die Leichtigkeit und Unbekümmertheit unterstreichen, mit der die abgebildeten “Hütten, Tempel, Schlösser” errichtet wurden. Die Ausstellung will eine heute mehr denn je relevante Diskussion anregen, über das konkrete Raumbedürfnis von jungen Menschen und darüber, wie das Wohlergehen von Kindern der ultimative Indikator für einen intakten Lebensraum und eine funktionierende Gesellschaft ist. Eine Installation aus recycelten Materialien, von Jugendlichen errichtet, ergänzt die Bilder. Der so entstandene Freiraum kann sich während der Ausstellung weiterentwickeln und als Treffpunkt genutzt werden.

Jongensland (später in Youthland umbenannt), entstand kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, und konnte nur durch die Überquerung eines Kanals per Boot erreicht werden. Die Kinder wurden dort ermutigt ihren eigenen Raum für Abenteuer und Freizeit zu schaffen, indem sie aus Schrott und Bauabfällen Höhlen und Hütten bauten, Hühner, Kaninchen und Ziegen hüteten, Lagerfeuer machten usw. Diese Art von Abenteuerspielplatz war ein gezielter Versuch einer Gruppe aufgeklärter europäischer Planer:innen und Kinderpsycholog:innen, autoritäre Vorstellungen von der Entwicklung von Kindern zu überwinden, die ein fester Bestandteil des Faschismus waren. In ihrer Vision sollten Nachkriegsbrachen zu Orten von freiem Spiel und Kreativität werden. Im Fall von Jongensland war es die Polizeibehörde der Stadt, die diesen Ort anlegte, um den Jungen aus der Arbeiterklasse einen Platz zum Spielen zu geben und zu vermeiden, dass sie in Schwierigkeiten geraten.

1996, 30 Jahre später, rief Unicef die Initiative "Kinderfreundliche Kommunen" ins Leben mit dem Ziel, Städte zu lebenswerten Orten für alle zu machen, denn "das Wohlbefinden von Kindern ist der ultimative Indikator für einen gesunden Lebensraum, eine demokratische Gesellschaft und eine gute Administration".

Im Sinne dieses Programms will die Ausstellung zeigen, dass ein realer Raum im Gegensatz zu virtuellen Orten, mit der Möglichkeit, selbst Hand anzulegen, Lösungen für Konflikte zu erarbeiten und Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen, auch heute noch relevant ist. Das macht die 80 Fotos, die in der Ausstellung gezeigt werden, aktueller denn je.

Während des Ausstellungszeitraums entsteht eine Rauminstallation, die von JAS Jugend-Architektur-Stadt e.V. Berlin | Anna Lena Ochsenreither, Ralf Fleckenstein und raumdialog - gebaute kommunikation | Hendrik Weiner in Kollaboration mit WeTeK in Workshops mit Jugendlichen aus der näheren Umgebung entwickelt und gebaut wird. Sie dient als Brücke zur gegenwärtigen Situation. Durch den Bauprozess und den dadurch entstehenden Raum wird nicht nur ein Schwerpunkt auf die Suche nach einem Ort für junge Menschen im Allgemeinen, sondern auch auf das drängende Thema der aus ihrem Umfeld vertriebenen Kinder und ihrer sozialen Integration gesetzt.

Ursula Schulz-Dornburgs Arbeiten sind in den Sammlungen von zahlreichen internationalen Museen zu finden, wie der Tate Modern in London, dem Musée d’Art Moderne in Paris, dem Instituto Valenciano de Arte Moderno, dem Ludwig Museum in Köln, dem Ghetty Center in Los Angeles und dem K21 Düsseldorf.

Ihre Fotos fangen Momente aus vergangenen Zeiten, Kulturen oder Orten ein, treten aber gleichzeitig in einen Dialog mit der Gegenwart. Nach Architekturen des Wartens (2004), Tongkonan, Alang und das Haus ohne Rauch (2008), Kurchatov – Architekturen im Atombombentestgebiet (2014) und Verschwundene Landschaften (2021) ist dies ihre fünfte Ausstellung im Aedes Architekturforum.