10.12.2022–25.1.2023

Living Prototypes

Digitales Bauen mit Biomaterialien
Adresse
Christinenstrasse 18-19, 10119 Berlin
Öffnungszeiten
Di-Fr 11–18.30 Uhr, So-Mo 13–17.00 Uhr

Die Präsentation dieses außergewöhnlichen Forschungsvorhabens zu digitaler Fertigung mit biobasierten Materialien in der Architektur bringt ein hochaktuelles Themenfeld anhand von Prototypen für den Wohnungsbau einer breiteren Öffentlichkeit auf anschauliche Weise näher. Das ineinandergreifende Projekt dreier europäischer Teams mit ihren jeweiligen Forschungen zu biobasierten Baumaterialien sowie deren spezifischen technischen und strukturellen Eigenschaften wird in einer für die Ausstellung gefertigten 1:1 Wohnrauminstallation zusammengeführt.

Die Entwicklung der digital gefertigten Prototypen aus den biobasierten Materialien Erde, Flachs und Biokunststoff erfolgte im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts, das vom ANCB The Aedes Metropolitan Laboratory initiiert und gesteuert sowie vom Programm Zukunft Bau des Bundesministeriums für Wohnungswesen, Städtebau und Wohnen gefördert wurde. Über einen Zeitraum von anderthalb Jahren arbeiteten drei Universitätsinstitute – CITA von der Royal Danish Academy in Kopenhagen, ITKE von der Universität Stuttgart und IAAC, das Institute for Advanced Architecture of Catalonia in Barcelona – mit den Industriepartnern COBOD aus Kopenhagen, FibR aus Kernen und WASP aus Massa Lombarda zusammen.

Wie könnte unser Zuhause aussehen und sich anfühlen, wenn es ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe gebaut würde? Was wäre, wenn die Forschung zu biobasierten Baumaterialien einen tiefgreifenden Wandel in der Art und Weise, wie Architektur entworfen und gebaut wird, bewirken könnte? Welches Wissen können architektonische Prototypen über ressourcenschonende Design- und Bauprozesse vermitteln? Diese Fragen stehen im Zentrum der Ausstellung Living Prototypes.

Die niedrigschwellige Übersetzung abstrakter Laborforschung, um die Architektur, die mit biobasierten Materialien und digitalen Fertigungstechniken möglich wird, für Öffentlichkeit, Bauindustrie und Politik zu veranschaulichen, ist ein Kernanliegen der Ausstellung. Der ANCB schafft mit dem Projekt einen physischen und intellektuellen Möglichkeitsraum für experimentelle Zusammenarbeit an Forschungsansätzen und neuen Materialien für nachhaltiges Bauen. Darüber hinaus geht es bei Living Prototypes auch darum, den gesellschaftlichen Druck für eine Wende des Bauens (in) der Zukunft, zu erhöhen.

Mittlerweile ist die Notwendigkeit, Kohlendioxidemissionen, Ressourcenverbrauch und Abfallerzeugung drastisch zu reduzieren, unbestreitbar. Bedenkt man, dass gegenwärtig rund 40 % der gesamten CO2-Emissionen in Deutschland auf Bau, Nutzung bzw. Abriss von Gebäuden zurückzuführen sind, wird deutlich, dass es bis zum Erreichen des gesetzlich festgelegten Ziels – ein klimaneutraler Gebäudebestand bis 2045 – noch ein weiter Weg ist.

Die Diskussionsreihe Craftsmanship in the Digital Age, die der ANCB 2017 ebenfalls in Zusammenarbeit mit dem Programm Zukunft Bau durchführte, untersuchte das Potenzial digitaler Technologien für innovative Entwurfs- und Fertigungsprozesse in der Architektur, insbesondere im Hinblick auf Energie- und Ressourcennachhaltigkeit. Living Prototypes geht einen Schritt weiter vom theoretischen Diskurs zur anschaulichen Anwendung im Experiment.

Grundlagenforschung im Baubereich bringt zahlreiche vielversprechende Ansätze hervor. Es besteht jedoch immer die Gefahr, dass die Ergebnisse im Elfenbeinturm der Fachforschung steckenbleiben oder in der Schublade verschwinden. Daher ist es wichtig, wissenschaftliche Erkenntnisse, ihre praktische Umsetzung und ihre Vermittlung an die Öffentlichkeit ins Verhältnis zu setzen. Durch die Zusammenführung von Ideen und Expertise zur Lösung einer gemeinsamen experimentellen Aufgabe gelingt Living Prototypes ein eben solcher Brückenschlag: der Entwurf und die Entwicklung eines vollmaßstäblichen Prototypen, der die Möglichkeiten biobasierter Materialien in Kombination mit den neuesten Techniken der digitalen Fertigung demonstriert.

Die drei Forschungsteams – die Royal Danish Academy mit COBOD, die Universität Stuttgart mit FibR und das Institute for Advanced Architecture of Catalonia mit WASP – haben sich dieser Herausforderung gestellt und erstmalig ihre unterschiedlichen Forschungsansätze kombiniert. Ihre Zusammenarbeit ist gewissermaßen selbst ein Prototyp: eine Kette ineinandergreifender Prozesse vom digitalen Entwurf bis zur digitalen Fertigung, die das Wissen dieser Expert:innen in ganz Europa verbindet.

Das Ergebnis ist ein visionärer Ansatz für ressourcenbewusstes Bauen und Wohnen in naher Zukunft. Drei prototypische Baukomponenten, die miteinander zu einer Wohnrauminstallation verbunden sind, können erlebt und diskutiert werden. Sie demonstrieren den aktuellen Stand angewandter wissenschaftlicher Erkenntnisse und experimenteller Praxis, veranschaulichen neue Konzepte und ermöglichen es, deren Eignung und Akzeptanz für die Baubranche zu prüfen.

In der Ausstellung werden drei gesonderte Prototypen aus Erde, Flachs und Biokunststoff zu einer Installation im Maßstab 1:1 zusammengeführt, die in den Grundriss einer typischen 2-Zimmer-Wohnung integriert ist. Visualisierungen der Architektur, die mit diesen Biomaterialien und digitalen Fertigungsmethoden möglich ist, sowie eine Auswahl von Rohmaterialproben und Testmodellen aus weitergehenden Untersuchungen der einzelnen Forschungsteams bieten zusätzliche Informationen und betten das Projekt in einen größeren Kontext ein. Die Entwicklung der Biomaterialien und Prototypen während der Projektlaufzeit werden anhand von Video- und Fotomaterial illustriert.