21.7.–11.9.2022

Boden für Alle

Adresse
Mariahilferstrasse 2, Graz 8020 Map
Öffnungszeiten
Di–So 10–18 Uhr

Die Oberfläche der Erde ist endlich und Boden unser kostbarstes Gut. Ein sorgloser oder ein kapitalgetriebener Umgang mit dieser Ressource hat in den vergangenen Jahrzehnten Gestalt und Funktion unserer Städte und Dörfer massiv verändert. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe und steigender Wohnungspreise stellt sich die Frage, ob der bisherige Weg mit maximalen Kompromissen und minimalen Anpassungen noch tragbar ist. Wo bleibt eine weitreichende und mutige Bodenpolitik?

Über die fortschreitende Zersiedelung des Landes wird seit Jahrzehnten diskutiert. Mittlerweile könnten alle Österreicher*innen in bereits bestehenden Einfamilienhäusern untergebracht werden [1] und trotzdem wird weiter Bauland gewidmet, werden neue Einkaufszentren auf der grünen Wiese und Chaletdörfer in den Alpen errichtet. Die fortschreitende Versiegelung trägt zur Klimakrise bei und gefährdet die Ernährungssicherheit. Die Spekulation mit Grundstücken verteuert den Wohnbau und führt zu einer schleichenden Privatisierung des öffentlichen Raums. Schwache oder nicht angewandte Raumplanungsgesetze, ein teils fehlgeleitetes Steuergesetz- und Förderungswesen sowie eine mutlose Politik schreiben den Status Quo fort, anstatt eine Vision für die Zukunft zu entwickeln.

„Wir alle wünschen uns gutes Essen, schöne Dörfer, naturbelassene Umwelt, eine florierende Wirtschaft und belebte Städte. Wir wollen günstig und großzügig wohnen, mobil und unabhängig sein. Die meisten dieser Begehrlichkeiten sind nachvollziehbar und doch bergen diese Wünsche ungeheure Interessenskonflikte“, so die Kuratorinnen der Ausstellung Karoline Mayer und Katharina Ritter.  Mit der Ausstellung „Boden für Alle“ will das Architekturzentrum Wien die vielen Kräfte sichtbar machen, die an unserem Boden zerren. Die Ausstellung zeigt auf, dass wir ein System geschaffen haben, das Flächenverbrauch zwingend voraussetzt.

Anschaulich und konkret, kritisch und manchmal auch unfreiwillig absurd erläutert die Ausstellung die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Hintergründe. Wie wird Grünland zu Bauland? Wieso steigt der Preis für Grund und Boden? Was hat das alles mit unseren Lebensträumen zu tun? Fallstudien und Begriffserklärungen bringen Licht in das Dickicht der Zuständigkeiten. Ländervergleiche veranschaulichen Stärken und Schwächen, internationale Best-Practice-Beispiele zeigen Alternativen. Eine Sammlung an bereits bestehenden und möglichen neuen Instrumenten weist Wege zu einer Raumplanung, die die Ressource Boden schont, den Klimawandel abfedert, der Wohnungsfrage hilft und eine gute Architektur ermöglicht. Wir alle sind aufgefordert, neu zu denken und zu handeln. Die Ausstellung bereitet den Boden dafür.

Der umfassende und reich bebilderte Ausstellungskatalog „Boden für Alle“ mit Essays von: Saskia Sassen, Gerhard Senft, Vandana Shiva, Robert Temel und Gerlind Weber ist im HDA erhältlich.

Filmbeitrag: Als Ergänzung zur Ausstellungsinstallation des Az W zeigt das HDA den Dokumentarfilm des Österreichischen Rundfunks (ORF1) Viel verbautes Österreich, von Hanno Settele. Settele berichtet in dieser filmischen Recherche über den Kampf um Grund und Boden und das heiße Eisen Flächenwidmung. Jeden Tag werden in Österreich knapp zwölf Hektar Boden verbaut – europaweit ein Spitzenwert. Aber ganz ohne zu bauen wird es nicht gehen. Seine Reise durch Österreich verdeutlicht, wie komplex die Herausforderungen rund um Bodenverbrauch, Schaffung von neuem Wohnraum und neuen Arbeitsplätzen sind, aber auch, dass nicht jeder Quadratmeter Grünland verloren sein muss.