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Die Ausstellung im Museum Künstlerkolonie legt einen besonderen Schwerpunkt auf Müllers wechselseitige Tätigkeit als Architekt, Gestalter und Lehrer in den Jahren 1900–1914.
Den Auftakt der Ausstellung bildet Albin Müllers kreatives Schaffen auf der Mathildenhöhe Darmstadt, die ihm eine unerschöpfliche Inspirationsquelle bot. 1906 wurde Müller von Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein an die Künstlerkolonie Darmstadt berufen. Mit den temporären Bauten für die Hessische Landesausstellung 1908 widmete sich der Architekt seiner ersten umfassenden Bauaufgabe. Die Miethäusergruppe war Müllers Hauptbeitrag zur letzten Künstlerkolonie-Ausstellung im Jahr 1914. Der einzige noch erhaltene Bau des ursprünglich acht Häuser umfassenden Ensembles ist das Ateliergebäude, das heute dem Fachbereich Gestaltung der Hochschule Darmstadt Unterrichtsräume bietet. Zu Müllers Werken, die überdies noch am Originalort zu sehen sind, zählen unter anderem das „Lilienbecken“ vor der Russischen Kirche und der „Schwanentempel“. Dr. Philipp Gutbrod, Direktor des Institut Mathildenhöhe Darmstadt: „Es ist ein Glückfall, dass der 150. Geburtstag von Albin Müller und die aktuelle Sonderausstellung ins Jahr der Anerkennung der Mathildenhöhe Darmstadt als UNESCO-Welterbestätte fallen, da der Künstler neben Joseph Maria Olbrich und Peter Behrens zu den wichtigsten Architekten und Designer der Mathildenhöhe zählt.“
Der aus dem sächsischen Dittersbach stammende Müller begann seine künstlerische Laufbahn zunächst über eine handwerkliche Lehre als Tischler. Als Möbelzeichner konnte er sein Gespür für gestalterische Zusammenhänge von Architektur und Ausstattungen sowie deren Form und Funktion weiterentwickeln.
Mit Magdeburg, wo Müller von 1900 bis 1906 als Lehrer an der Kunstgewerbe- und Handwerkerschule tätig war, wird im zweiten Themenbereich der Ausstellung der Fokus auf eine weitere zentrale Wirkungsstätte gelegt. In dieser Position setzte Müller wesentliche Impulse zur Reform der Lehre. Gleichzeitig profilierte er sich als Entwerfer für Kunsthandwerk und schuf ein breites Spektrum an Gebrauchsobjekten. Seine wichtigsten Partner waren Manufakturen, die auf Materialien wie Serpentinstein, Metall und Gusseisen spezialisiert waren. Indem er Kontakte zu regionalen Firmen vermittelte, förderte er zudem die Entwurfstätigkeit seiner Schülerinnen und Schüler. Die Erfolge, die Müller auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 und der Dritten Deutschen Kunstgewerbeausstellung in Dresden 1906 feierte, ebneten den Weg für seine Berufung an die Künstlerkolonie Darmstadt.
Mit der international viel beachteten Unterstützung von Großherzog Ernst Ludwig konnte Müller gleichzeitig erfolgreich als Architekt, Gestalter und Lehrer tätig sein. Von 1907 bis 1911 unterrichtete er an den neu gegründeten Großherzoglichen Lehrateliers für angewandte Kunst in Darmstadt. Der dritte Themenbereich der Ausstellung legt einen Schwerpunkt auf die Vielfalt des Raumkünstlers Albin Müller. Die Repräsentationsräume für die Hessische Landesausstellung 1908, ebenso wie die alltagstauglichen Einrichtungsgegenstände der Miethäusergruppe aus dem Jahr 1914 führen vor Augen, dass sich Müller mit den Wohnbedürfnissen unterschiedlicher Zielgruppen auseinandergesetzt hat.
Eine besondere Entdeckung ist das reich dekorierte Tischtuch, das zur Ausstattung des Wohnhauses von Albin Müller auf der Mathildenhöhe gezählt hat. Das Tischtuch, das von der Oberhessischen Leinenindustrie Marx und Kleinberger aus Frankfurt am Main gefertigt worden ist, hat sich bis heute in einer Privatsammlung erhalten. Dr. Sandra Bornemann-Quecke, Ausstellungskuratorin: „Wir sind ausgesprochen dankbar, dass dieses singuläre Werk anlässlich der Ausstellung aus einer Privatsammlung als Schenkung in den Bestand der Städtischen Kunstsammlung Darmstadt übergegangen ist.“
Im produktiven Austausch mit Kollegen wie Fritz von Heider sowie den ehemaligen Künstlerkolonie-Mitgliedern Peter Behrens und Paul Bürck wird die Vernetzung der Städte Darmstadt und Magdeburg als Zentren der Reformbewegung in Deutschland anschaulich. Schlaglichtartig wird Müllers umfassende Bautätigkeit für die Deutsche Theaterausstellung in Magdeburg 1927 beleuchtet. Schließlich nimmt die Ausstellung auch das Spätwerk Müllers und sein Schaffen während der Nazidiktatur kritisch in den Blick.
Neben Entwürfen für Architektur und Raumkunst präsentiert die Ausstellung Möbel sowie Gebrauchs- und Ziergegenstände, die in Kooperation mit rund 25 Herstellerfirmen entstanden sind. In einer abwechslungsreichen Zusammenstellung von Werken der Städtischen Kunstsammlung Darmstadt sowie Leihgaben aus öffentlichen und privaten Sammlungen entfaltet sich das facettenreiche Œuvre von Albin Müller. Wie ein roter Faden ziehen sich die Bücher, Publikationen und Zeitschriftenartikel des Künstlers, der sich ab 1917 Albinmüller nannte, durch den Rundgang.
Eine digitale Präsentation des Mappenwerks „Architektur und Raumkunst. Ausgeführte Arbeiten nach Entwürfen von Professor Albin Müller“ macht die Exponate, die Müller für die Hessische Landesausstellung 1908 entwarf, in ihrem ursprünglichen Kontext erfahrbar.
Ergänzend zur Ausstellung vertiefen einige Stationen der Sammlungspräsentation „Raumkunst – Made in Darmstadt“ Müllers Wirken als Mitglied der Künstlerkolonie. Über Objekte, die in beiden Ausstellungen gezeigt werden, entstehen somit spannende Verbindungen. Werke von Müller in der Dauerausstellung sind durch gelbe Markierungen hervorgehoben.