Das Bauhaus
Mit der großen Ausstellung »Das Bauhaus #allesistdesign« (26.09.2015 – 28.02.2016) präsentiert das Vitra Design Museum eine umfangreiche Übersicht über das Design am Bauhaus. Die Ausstellung umfasst eine Vielzahl seltener, teilweise nie gezeigter Exponate aus Design, Architektur, Kunst, Film und Fotografie. Zugleich konfrontiert sie das Design des Bauhauses mit aktuellen Designtendenzen und mit zahlreichen Werken heutiger Designer, Künstler und Architekten. Auf diese Weise offenbart »Das Bauhaus #allesistdesign« die überraschende Aktualität dieser legendären Kulturinstitution. Unter den in der Ausstellung vertretenen Gestaltern des Bauhauses sind Marianne Brandt, Marcel Breuer, Lyonel Feininger, Walter Gropius, Wassily Kandinsky und viele mehr. Aktuelle Ausstellungsbeiträge stammen u.a. von Olaf Nicolai, Adrian Sauer, Enzo Mari, Lord Norman Foster, Opendesk, Konstantin Grcic, Hella Jongerius, Alberto Meda und Jerszy Seymour.
Ziel des 1919 von Walter Gropius in Weimar gegründeten »Staatlichen Bauhaus« war es, einen neuen Typus des Gestalters auszubilden. Dieser sollte am Bauhaus handwerkliche und künstlerische Grundlagen sowie Kenntnisse der menschlichen Psyche, des Wahrnehmungsprozesses, der Ergonomie und der Technik erwerben – ein Profil, das bis heute das Berufsbild des Designers prägt. Das Designverständnis am Bauhaus wies dem Designer aber auch einen umfassenden Gestaltungsauftrag zu: Er sollte nicht nur Dinge des täglichen Gebrauchs gestalten, sondern aktiv an der gesellschaftlichen Umgestaltung teilnehmen. Damit steht das Bauhaus am Anfang eines umfassenden Verständnisses von Design, das heute mit neuem Nachdruck gefordert wird: Unter Stichworten wie Social Design, Open Design oder »design thinking« wird erneut diskutiert, wie Designer ihre Arbeit in einen größeren Zusammenhang stellen und die Gesellschaft mitgestalten können. Ausgehend von dieser aktuellen Perspektive betrachtet die Ausstellung das Bauhaus als komplexes, vielschichtiges »Labor der Moderne«, das mit heutigen Designtendenzen eng verknüpft ist.
Gegliedert ist die Ausstellung in vier Themengruppen, beginnend mit einem Blick auf den historischen und sozialen Kontext des Bauhauses. In einem zweiten Bereich werden sowohl ikonische also auch weniger bekannte Designobjekte des Bauhauses sowie ihre Entstehungsgeschichte zwischen Kunst, Handwerk, Technik und Industrie untersucht. Ein weiterer Bereich geht auf das Thema Raum ein und zeigt, wie viele verschiedene Gestalter an der Formulierung des Designverständnisses am Bauhaus beteiligt waren – darunter Bühnenkünstler, Architekten mit ihren Überlegungen zur Minimalwohnung und Künstler, die Farbgestaltungen und Raummodelle entwickelten. Hier offenbart sich das Bauhaus als das wohl erste künstlerische »Totalexperiment« der Moderne, bei dem die Verbreitung von Design in allen Lebensbereiche erprobt wurde. Der letzte Bereich beschäftigt sich mit der Kommunikation des Bauhauses, von Typografie und Ausstellungen über experimentelle Filmkunst und Fotografie bis hin zu der – oftmals systematisch geplanten – Schaffung jener Mythen und Klischees, die das Bauhaus bis heute umgeben.
Die aktuelle Perspektive auf das Bauhaus wird vermittelt, indem historische Exponate aus der Bauhaus-Ära den Werken heutiger Gestalter gegenübergestellt werden. Darunter sind digital produzierte Möbel von Minale Maeda und Front, Van Bo Le-Mentzels »Hartz IV-Möbel«, aber auch Manifeste von Designern wie Hella Jongerius und Opendesk, Interviews mit Gestaltern wie Lord Norman Foster, Enzo Mari, Sauerbruch Hutton und dem Boss Womenswear Kreativdirektor Jason Wu, aber auch Hommagen an das Bauhaus von Designern wie Mike Meiré, Studio Miro oder Dokter and Misses. Dabei wird nicht zuletzt die Bandbreite des Bauhaus-Einflusses sichtbar – vom Automobildesign bei Mercedes-Benz bis hin zur Möbelserie Pipe (2009) von Konstantin Grcic für Muji und Thonet, die von Marcel Breuer inspiriert ist. Eine besondere Rolle unter diesen aktuellen Beiträgen spielen vier Projekte, die eigens für die Ausstellung beauftragt wurden und von dem Leipziger Künstler Adrian Sauer, dem Konzeptkünstler Olaf Nicolai sowie den Architekten und Autoren Joseph Grima und Philipp Oswalt stammen.
In der Gegenüberstellung von historischen und aktuellen Exponaten ergibt sich ein neues, differenzierteres Bild des Designs am Bauhaus. Es räumt auf mit dem Klischee, das so genannte Bauhaus-Design sei primär minimalistisch, kühl und geometrisch gewesen, sondern zeigt, wie interessiert Designer am Bauhaus an sozialen Zusammenhängen, Experimenten und Prozessen waren. Dabei offenbart sich zum einen, dass viele der aktuellen Debatten denen am Bauhaus auf überraschende Weise ähneln – ob jene über die Möglichkeiten neuer Herstellungsverfahren und Materialien, über die Rolle des Designers in der Gesellschaft oder über die Vorteile interdisziplinärer Zusammenarbeit. Zum anderen wird sichtbar, dass das Bauhaus mit seinem offenen Designbegriff ganz entscheidend dazu beigetragen hat, dass Design heute unsere gesamte Lebenswelt durchzieht – eine Verbindung, auf die auch der Untertitel der Ausstellung anspielt: »#allesistdesign«.
Begleitet wird »Das Bauhaus #allesistdesign« von einem über 400-seitigen Katalog, der neben einem ausführlichen, illustrierten Katalogteil auch Essays renommierter Autoren wie Arthur Rüegg und Patrick Rössler, sowie ein Glossar von Grundbegriffen des Designs am Bauhaus enthält. Unterstützt wird der zeitgenössische Blick auf das Bauhaus durch zahlreiche Kurzbeiträge namhafter Designer, Künstler und Architekten aus der ganzen Welt – unter ihnen Lord Norman Foster, Tobias Rehberger, Arik Levy und Hella Jongerius – die mit Ideen, Projekten und Thesen die Aktualität des Bauhauses reflektieren.
»Das Bauhaus #allesistdesign« ist eine Ausstellung des Vitra Design Museums und der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland. Im Anschluss an die erste Präsentation im Vitra Design Museum wird die Ausstellung ab Frühjahr 2016 in der Bundeskunsthalle in Bonn gezeigt. Kuratorin der Ausstellung ist Jolanthe Kugler.